Viele Alltagsprodukte wie Regenschirme und Strumpfhosen werden aus Nylon hergestellt.
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Auf dem Weg zum ligninbasierten Nylon

Mithilfe elektrochemischer Synthese konnten Leipziger Forschende die Prozesskette zur Herstellung von biobasiertem Nylon nachhaltiger gestalten.

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Nylonstrümpfe sind wohl das bekannteste Beispiel für die Verwendung von Nylonfasern im Alltag. Aber auch Regenschirme, Kochlöffel, Hemden und Autoreifen enthalten oftmals das Polymer. Bisher wird die begehrte Kunstfaser jedoch aus fossilen Rohstoffen hergestellt, deren Produktion wegen der Freisetzung von Lachgas umweltschädlich ist und viel Energie verbraucht. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Universität Leipzig hat nun ein Verfahren zur Herstellung von biobasiertem Nylon entwickelt.

Fischernetze

Nylon-Herstellung mittels elektrochemischer Synthese

Nylon besteht zu 50 % aus Adipinsäure, die bisher aus Erdöl gewonnen wird. In einem ersten Schritt wird Phenol in einem energieintensiven und umweltbelastenden Verfahren zu Cyclohexanol und anschließend zu Adipinsäure umgesetzt. Falk Harnisch vom UFZ und Rohan Karande von der Universität Leipzig ist es nun gelungen, diesen Syntheseprozess nachhaltig zu gestalten und dabei biobasierte Abfälle als Ausgangsstoff zu nutzen. Möglich wurde dies durch einen elektrochemischen Prozess.

„Die dahinterstehende chemische Umwandlung ist dieselbe wie bei den etablierten Verfahren. Die elektrochemische Synthese ersetzt jedoch das Wasserstoffgas durch elektrische Energie, findet in wässriger Lösung statt und braucht dafür lediglich Umgebungsdruck und Raumtemperatur“, erläutert Falk Harnisch, Leiter der Arbeitsgruppe Elektrobiotechnologie am UFZ.

Potenzial für kombinierte Produktion von Adipinsäure

Das Team fand hierfür einen Katalysator, der die Reaktionen schnell und effizient ablaufen lässt. Wie die Forschenden in der Fachzeitschrift Green Chemistry berichten, wurden die besten Ausbeuten mit einem auf Kohlenstoff basierenden Rhodium-Katalysator mit fast 70 % an Elektronen und mehr als 70 % Cyclohexanol erreicht. „Die relativ kurze Reaktionszeit, die effiziente Ausbeute und die effektive Energienutzung sowie Synergien mit dem biologischen System machen dieses Verfahren für eine kombinierte Produktion von Adipinsäure attraktiv“, urteilt Micjel Chávez Morejón, Erstautor der Studie und Chemiker am UFZ .

Elektrochemische und mikrobielle Reaktionsschritte verbunden

Auch den zweiten Schritt, die Umwandlung von Cyclohexanol durch das Bakterium Pseudomonas taiwanensis in Adipinsäure, konnten die Forschenden nachhaltiger machen. „Bislang war es nicht gelungen, die Reaktion von Phenol zu Cyclohexanol mikrobiell ablaufen zu lassen. Diese Lücke haben wir durch die elektrochemische Reaktion geschlossen“, bilanziert Rohan Karande. Dabei wurden die für die Phenolherstellung benötigten Monomere Syringol, Catechol und Guaiacol aus Lignin gewonnen, einem Abfallprodukt der Holzindustrie. „Wir haben für diese Modellsubstanzen zeigen können, dass wir gemeinsam den Weg bis zur Adipinsäure gehen können“, resümiert Harnisch.

Der Prozess von der Herstellung der Monomere aus Ligninresten mittels elektrochemischer und mikrobieller Reaktionsschritte bis zur Adipinsäure dauerte im Labor 22 Stunden. Die Ausbeute an ligninbasiertem Nylon lag bei 57 %. Auch wenn der Ertrag vielversprechend ist: Bis zur Marktreife ist es noch ein weiter Weg, denn noch basieren die Ergebnisse auf Laborversuchen. In den nächsten beiden Jahren wollen die Forschenden nun die Voraussetzungen schaffen, um das Verfahren zur Herstellung des biobasierten Polymers in den Litermaßstab zu bringen. Rohan Karande ist jedoch überzeugt: „Weltweit werden rund 4,5 Millionen Tonnen Adipinsäure hergestellt. Wenn wir dafür Holzreststoffe erschließen, hätte das einen entscheidenden Einfluss auf den Weltmarkt.“

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