Mit der Ausstellung „Closer to Nature“ widmet sich die Berlinische Galerie der Frage, wie die Zukunft des Bauens aussehen könnte. Unter den Exponaten: das Pilzhaus MY-CO SPACE der Berliner Mikrobiologin Vera Meyer.
Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe ist der Bausektor für 40 % des gesamten Rohstoffverbrauchs und 12 % der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Hinzu kommt, dass täglich große Flächen durch den Neubau von Gebäuden und Straßen versiegelt werden und die Natur damit zerstört wird. Doch Bauen und Naturschutz müssen keine Rivalen sein. Wie aus Gegenspielern Mitspieler werden können, zeigt die neu eröffnete Ausstellung „Closer to Nature. Bauen mit Pilz, Baum, Lehm“ in der Berlinischen Galerie in Berlin-Kreuzberg.
Forschung trifft Architektur
Drei Exponate aus der Forschung machen hier sinnlich erlebbar, wie mithilfe modernster Technologien die Potenziale von Pilz, Baumholz und Lehm für die Zukunft des Bauens genutzt werden können. „Diese drei Objekte werden erstmals im musealen Kontext gezeigt“, betont Ursula Müller, Leiterin der Architektursammlung, anlässlich der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung am 14. Februar. „Zusehen sind Exponate, die jeweils die biologischen Fähigkeiten nutzen, um neue Baumaterialien entstehen zu lassen. Sie atmen, wachsen und werden somit lebendig“, so Müller.
Tiny House aus Pilzmyzel und Holz
In der Ausstellung sind insgesamt drei Exponate Berliner Architekturprojekte zu sehen. Ein Highlight der Ausstellung ist das MY-CO SPACE – eine Skulptur aus Pilzmyzel, die vom Wissenschafts- und Kunstkollektiv MY-CO-X um die Berliner Mikrobiologin Vera Meyer entwickelt wurde. Das 20 Quadratmeter große Pilzhaus sieht aus wie eine Raumkapsel, ist bewohnbar und komplett biologisch abbaubar. Die Fassade des futuristischen Gebildes besteht aus einer tragenden Sperrholzkonstruktion, die 300 wabenförmige Pilzmyzel-Elemente miteinander verbindet. Dabei handelt es sich um Pilz-Stroh-Verbundstoffe, die biologisch abbaubar sind. Die Wandteile wurden jeweils mit dem Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ausgefüllt. Mehr zu Vera Meyer finden Sie in unserem Biopionier-Porträt.
Baubotanik – Bäume verschmelzen mit Häusern
Eine Installation von Baubotaniker Ferdinand Ludwig und seinem Stuttgarter Architekturbüro OLA – Office for Living zeigt, wie Bäume und bauliche Elemente verschmelzen können. Neben einer fast vier Meter hohen, kreuzartig verwachsenen Hainbuche machen Fotos und ein Modell das Potenzial der Baubotanik anhand eines mit dem Gebäude verwachsenen Baumes sichtbar. Solche lebendigen Bauten könnten vor allem in Städten Feinstaub binden und Schatten spenden und damit Energie sparen, aber auch Tieren einen Lebensraum bieten. Mehr zu Ferdinand Ludwig finden Sie in unserem Biopionier-Porträt.
Bauen mit gestampftem Lehm
Auch der Baustoff Lehm wird hier ins Rampenlicht gestellt. Während Pilzhäuser und Baubotanik noch im Versuchsstadium stecken, drängt der Lehmbau allmählich in die Praxis. Architekt Martin Rauch hat für die Ausstellung eine Installation aus gestampften Lehm in Form zweier gegenüberstehender, geschwungener Wände entworfen. In der Praxis hat die uralte Methode des Stampflehmbaus bereits die Serienproduktion erreicht und wurde erstmals auch in Berlin beim Bau der Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße eingesetzt. Der Kapellenraum wird hier von einer sieben Meter hohen Lehmwand umschlossen.
Ausstellung „Closer to Nature“
Zeit: 16.2.2024 bis 14.10.2024
Ort: Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Alte Jakobstraße 124–128, 10969 Berlin
Öffnungszeiten: Täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, außer Dienstag
Zur Webseite der Berlinischen Galerie
Neben den drei Exponaten aus Pilz, Baum und Lehm werden Ansätze und Entwürfe dieser zukunftsweisenden Baukulturen auch anhand von Skizzen, Plänen, Fotografien und Modellen erläutert. Weitere Informationen und Hintergründe zu den Projekten und Baukulturen liefert darüber hinaus eine Online-Präsentation. Die Ausstellung "Closer to Nature" ist ab 16. Februar 2024 in der Berlinischen Galerie zu sehen und läuft bis Mitte Oktober 2024.