Vor zehn Jahren starteten die ersten Kooperationsprojekte der BMBF-Fördermaßnahme Bioökonomie International. Das BMBF hatte anlässlich des Jubiläums zu einer Konferenz nach Bonn geladen. Dort ging es auch um die kommende Ausschreibungsrunde.
Eine nachhaltige Bioökonomie kann angesichts globaler Herausforderungen, Märkte und Handelsbeziehungen nur durch internationale Zusammenarbeit gelingen. Im Jahr 2012 startete das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Initiative „Bioökonomie International“, im Jahr darauf starteten die ersten Projekte. Es werden Forschungsallianzen von deutschen Akteuren mit Partnern aus Nicht-EU-Ländern unterstützt. Das Ziel: die Forschungszusammenarbeit mit den weltweit Besten stärken und internationale Innovationspotenziale erschließen.
Benachbart zum Bonner Regierungsviertel
Den Erfahrungsschatz teilen und Know-how austauschen – das stand im Vordergrund der Konferenz „10 Jahre Bioökonomie International“ am 14. November in Bonn. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hatte in die Design Offices im Hochhaus am Neuen Kanzlerplatz geladen. Rund 90 Teilnehmende versammelten sich in dem Bürokomplex in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bonner Regierungsviertel. Organisiert und durchgeführt wurde die Konferenz vom Projektträger Jülich und der Informationsplattform bioökonomie.de. Passend zur Konferenz war die neue BMBF-Broschüre „Bioökonomie International“ erschienen, die vor Ort in gedruckter Form auslag.
Globales Wissen mit Mehrwert
Moderiert wurde die Konferenz von Stefan Rauschen aus dem Geschäftsbereich Bioökonomie des Projektträgers Jülich. Oda Keppler, Unterabteilungsleiterin Nachhaltigkeit und Zukunftsvorsorge im BMBF, sagte, angesichts von 125 geförderten Verbundprojekten aus 21 Partnerländern habe Bioökonomie International auf beeindruckende Weise die Forschungs- und Innovationslandschaft weltweit zusammengebracht. 286 Artikel in Fachjournalen seien entstanden, und oftmals seien daran auch Akteure aus Ländern beteiligt, die nicht im Rahmen der Fördermaßnahme unterstützt wurden. „Das ist Forschung mit Mehrwert“, sagte Keppler.
Eine globale Welt brauche globale Perspektiven, um zukunftsfähig zu werden. Von daher seien die bisher rund 74 Mio. Euro vom BMBF gut investiertes Geld in die internationale Bioökonomie-Forschung. „Damit leisten wir einen Beitrag zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele – und einiger Missionen der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation der Bundesregierung.“
In seiner Keynote sprach Markus Wolperdinger, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, über Bioökonomie als globales Konzept, das in Europa gut etabliert sei, aber derzeit besonders in den USA und China massiv vorangetrieben werde. Als Mitglied des Bioökonomierats ging Wolperdinger auf die Handlungsempfehlungen des Beratungsgremiums für die Umsetzung der Nationalen Bioökonomiestrategie ein.
Acht Leuchtturmprojekte veranschaulichen Themenvielfalt
In zwei Sessions am Vormittag wurden insgesamt acht Leuchtturmprojekte aus den vergangenen acht Ausschreibungsrunden vorgestellt. Marion Ringel von der TU München stellte das Projekt OMCBP vor, das die Forschenden mit kanadischen Partnern umgesetzt haben. Hier ging es darum, den Wirkstoff Pseudopterosin nicht länger aus einer karibischen Hornkoralle zu gewinnen, sondern ein biotechnologisches Verfahren zur Synthese der bioaktiven Substanz zu entwickeln.
Volker Sieber vom Campus Straubing der TU München sprach über seine noch laufende Kooperation mit Partnern aus dem australischen Queensland. In dem Projekt BINOM entwickeln die Forschenden biokatalytische Nanomaschinen. Mit diesen Enzym-Tandems soll eine zellfreie Isobutanol-Produktion erreicht werden.
Andreas Huft von Fraunhofer UMSICHT berichtete von dem deutsch-indonesischen Projekt CARE, in dem die energetische Nutzung von Reisspelzen-Pellets untersucht wurde. Anke Neumann vom KIT untersuchte mit Projektpartnern aus Südafrika die bakterielle Herstellung von Wasserstoff aus Industrieabgasen, die reich an Kohlenmonoxid sind.
Thioarsenate im Reis, Proteine aus der Macauba-Palme
Hermann Broll vom Bundesinstitut für Risikobewertung BfR stellte das Projekt BioInsectonomy vor, das den Einsatz von insektenbasierten Futtermitteln in der Aquakultur vorantreiben möchte. Dazu arbeitet er mit Partnern aus Norwegen und Kolumbien zusammen. Das Team von Britta Planer-Friedrich von der Universität Bayreuth ist in den vergangenen Jahren einer Gruppe von gesundheitsschädlichen Arsen-Schwefel-Verbindungen, den Thioarsenaten, in Reiskörnern auf die Spur gekommen (Thio-As-Rice). Insbesondere Reiswaffeln weisen hohe Anteile an der Substanz DMMTA auf. Mit chinesischen Partnern hat das Bayreuther Team herausgefunden, dass die Konzentration der Thioarsenate in komplexer Weise abhängig von der Nutzungsdauer der Reisböden ist. „Die Lebensmittelbehörde EFSA ist auf unsere Erkenntnisse aufmerksam geworden und wird in wenigen Wochen dazu eine Draft Opinion veröffentlichen“, sagte Planer-Friedrich.
Fabio Fiorani erläuterte, wie im Projekt CASSAVASTORE die Wurzelbildung von Maniok erforscht wurde, um die Züchtung ertragreicherer Sorten voranzutreiben. Zudem wurden Genome von Maniokpflanzen sequenziert und analysiert. Und in dem Projekt Acrowards, das Christoph Verheyen vom Fraunhofer IVV präsentierte, ging es darum, die südamerikanische Macauba-Palme als Ressource für die Lebensmittelproduktion zu erschließen. Aus dem Projekt sind mehrere Patente und sogar ein Start-up hervorgegangen und es mündete in mehrere Folgeprojekte.
Spektakulärer Ausblick
Die Mittagspause in der Rooftop-Lounge im 27. Stock des 101 Meter hohen Hochhauses am Neuen Kanzlerplatz bot den Teilnehmenden einen spektakulären Ausblick auf Rhein und Bonner Regierungsviertel. Gleichzeitig blieb viel Zeit, sich über die Erfahrungen mit Bioökonomie International auszutauschen.
Am Nachmittag ging es in kleineren Gruppen weiter und die Akteure trafen sich in vier parallelen Sessions, die nach Kontinenten der Partnerländer aufgeteilt waren: Südamerika, Nord- und Zentralamerika und Australien, Asien 1 (Vietnam und China) sowie Asien 2 (andere asiatische Länder und Afrika). Nach kompakten Projektpräsentationen bot sich für die Teilnehmenden in den moderierten Sessions viel Zeit für Diskussion und Erfahrungsaustausch.
Im Plenum fassten die Session-Moderatorinnen und -Moderatoren aus dem Team des Projektträgers Jülich die wichtigsten Erkenntnisse und Aspekte zusammen. Neben der Corona-Pandemie waren in den kleinen Gruppen auch gesellschaftliche und politische Herausforderungen für die jeweiligen Forschungsallianzen diskutiert worden.
Neue Ausschreibungsrunde für internationale Kooperationen
Zum Abschluss der Konferenz gab Veronika Jablonowski, die beim Projektträger Jülich für die fachliche Betreuung von Bioökonomie International zuständig ist, einen Ausblick auf die neue Ausschreibungsrunde, deren Bekanntmachung am 24. November im Bundesanzeiger veröffentlicht wird (wir werden berichten). Zunächst wird es ein weltweit offenes Modul geben, für das also potenziell alle Nicht-EU-Länder als Partner infrage kommen.
„Für das nächste Jahr sind dann auch bilaterale Module geplant“, sagte Jablonowski. Unter den Ländern, mit denen in diesem Rahmen Kooperationen geschlossen werden, seien voraussichtlich Vietnam und das australische Queensland, für die es bereits in den Vorjahren bilaterale Module gab. Mit Thailand sei man in Gesprächen.
Auch in Zukunft wird die Fördermaßnahme Bioökonomie International somit die Basis für internationale Zusammenarbeit in der Bioökonomie-Forschung legen können.