Forschende der Hochschule München haben ein Verfahren entwickelt, das erstmals die effiziente Kultivierung von kalkproduzierenden Bakterien und damit den kommerziellen Einsatz von „selbstheilendem Beton“ ermöglicht.
Der Bausektor steht vor der Herausforderung, CO2-Emissionen und Ressourcen einzusparen. Dies betrifft sowohl den Neubau als auch die Sanierung von Altbauten. So werden Risse im Beton bisher mit kunststoffmodifizierten Materialien wie Epoxidharz geschlossen. Es geht aber auch nachhaltiger, mit Hilfe spezieller Mikroorganismen. Mikroben der Art Sporosarcina pasteurii haben das Talent, Risse und Poren im Beton unter bestimmten Bedingungen zu verschließen und so Bauwerke vor weiteren Schäden zu schützen.
Bisher war es jedoch schwierig, die Mikroorganismen für die sogenannte Biozementierung zu kultivieren. Diese Hürde haben Forschende der Hochschule München nun überwunden und damit den Weg für den kommerziellen Einsatz von „selbstheilendem Beton“ geebnet.
Effektives Kultivierungsverfahren entwickelt
Frédéric Lapierre entwickelte im Rahmen seiner Doktorarbeit ein effizientes Verfahren zur Vermehrung der Mikroorganismen. Denn für die Herstellung von Biobeton werden große Mengen an Mikroben benötigt. Diese speziellen Bakterien können unter bestimmten Bedingungen Kalziumkarbonat-Ausfällungen produzieren – Kalk, der winzige Risse und Poren verschließen kann. Gegenüber klassischen Verfahren habe diese Methode den Vorteil, dass sie durch die mineralischen Ausscheidungen der Bakterien umweltfreundlich sei und auf überwiegend nachwachsenden Rohstoffen basiere, schreiben die Forschenden.
Auf dem Weg zum selbstheilenden Beton
Mithilfe einer Hochdurchsatz-Kultivierungsplattform mit Online-Monitoring gelang es dem Forscher, 48 Bakterienkulturen in verschiedenen Nährmedien zu analysieren. Die Methode erwies sich als hocheffizient und ermöglichte eine schnelle Identifizierung der „erfolgreichsten“ Kulturen. Mit Hilfe dieses effizienten Kultivierungsverfahrens sei es gelungen, die Produktion der Mikroorganismen um das Fünffache zu steigern und damit Bakterien für den Einsatz von „selbstheilendem Beton“ und anderen möglichen Anwendungsfeldern auch wirtschaftlich produzieren zu können, heißt es. „Durch die Senkung der Herstellungskosten wollen wir einen wichtigen Beitrag zur Industrialisierung der Biozementierung leisten, um nachhaltige Anwendungen in der Bauindustrie und der Umwelttechnik zu etablieren“, sagte Frédéric Lapierres.
Biobasierte Baustoffe für die Instandsetzung von Bauwerken
Die Arbeit des Forschers ist Teil des Projekts MicrobialCrete, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderlinie FHProfUnt von 2019 bis 2023 gefördert wird. Ziel des Projekts ist es, neue biobasierte Baustoffe für die Instandsetzung von Bauwerken und andere Anwendungen im Bauwesen zu entwickeln.